Spanien: „Shoppen in Valencia – und plötzlich ist das Messgerät weg“

Buenos días! Man könnte meinen, es sei ein Desaster, wenn man als Diabetikerin über Monate hinweg im spanischen Ausland unterwegs ist und man nach einer ausgiebigen Shopping-Tour in einem Taschenladen in Valencia mitten im Getümmel feststellt, dass sein Blutzucker-Messgerät in genau diesem Laden geklaut wurde. Aber ich nehme das Happy End vorweg: Kein Desaster in Spanien!


Die Diagnose „Diabetes“ war nämlich erst ein gutes Jahr her und folglich hatte ich meine erste große Tour mit Zucker im Gepäck akribischst geplant. Und folglich hatte ich meiner Freundin, mit der ich gemeinsam ein Semester lang Urlaub von der Uni nahm und kreuz und quer durch Spanien reiste, am Beginn unserer Reise eine komplette Diabetes-Ausstattung in zweiter Ausführung in ihren Rucksack gestopft – inklusive Ersatz-Messgerät. Eine Strategie, die ich im Übrigen bis heute anwende, wenn ich länger unterwegs bin. Alle meine Reisebegleiter waren bislang auch so nett, mein „Päckchen“ zu tragen. Und ganz nebenbei: Sich den verdutzten Blick des Langfingers in Valencia vorzustellen, der sicherlich hoffte, ein Handy oder eine Geldbörse geklaut zu haben, als er entdeckt hat, was er sich da gegriffen hatte, tröstete auch ein wenig über den Verlust hinweg.

Aber dass mir das Malheur gerade in Valencia passiert ist, passt rückblickend. Denn wir hatten bis dato eine traumhafte Zeit und schon jede Menge tolle Städte und Abenteuer bei meist traumhaftem Wetter erlebt und dabei viele nette Leute kennengelernt: In Salamanca, Lissabon, Granada, Sevilla, Ronda, Malaga … doch Valencia war uns von Anfang an als einzige Station unserer Rucksack-Tour nicht wohlgesonnen. Und weil ich es so dermaßen unterhaltsam finde, zitiere ich mich im Folgenden selbst aus meinem Reisetagebuch von damals. Dabei bitte immer bedenken: Es schreibt – teilweise in Deutsch-Spanisch-Mix – eine 22-Jährige, die mit ihrer gleichaltrigen Sandkastenfreundin unterwegs ist (damals noch ohne Smartphone) – beide auf dem Spartrip, für die jede Unterkunft, die mehr als 10 Euro kostet, teuer ist … nur gut, dass unsere Eltern das alles erst mit gut zehnjähriger Verzögerung lesen!

Spanien_Tagebuch2
20. Februar 2004 (ein Tag vor dem Messgerät-Klau)

„Warum setzen sich alle müffelnden und stinkenden Reisenden immer in unseren Nachtbus??? Und dann noch eine eiskalte und laut surrende Lüftung – Grrr! Hätten wir allerdings gewusst, was uns heute noch alles erwarten sollte, wären wir vielleicht sogar in diesem Stinki-Bus geblieben … Stattdessen stiegen wir müde um 7 Uhr aus, Valencia empfing uns mit Regen! Per Taxi fuhren wir zur ersten Jugendherberge – zentral gelegen, guten Eindruck machend … und leider „completo“. Also heuerten wir ein zweites Taxi an (in dem die Ehefrau auf dem Beifahrersitz mitfuhr), um zur zweiten Jugendherberge zu gelangen … die leider gar keinen Eindruck machte, weil sie nicht existierte … („Avenida del Puerto 69 – ve, es una parroqueria …“ [ „… schau, das ist eine Kirchenpfarrei“]). Also fuhr uns das Taxi zum Hostal „Armenas“ – angeblich bringt er da immer alle Jungen hin … Also gut, schon leicht genervt, insgesamt 11 Euro Taxigeld ärmer und den eindringlichen Ratschlag des Taxi-Ehepaars im Ohr stiegen wir aus: „Ten cuidado por aquí. Es un buen barrio pero venden las drogas aquí.“ [„Passt auf euch auf. Es ist ein gutes Viertel, aber hier werden Drogen verkauft.“]. Aha! Wäre uns inzwischen egal gewesen, doch auch in diesem Hostal – direkt am Meer – kamen wir nicht unter, da wir in keine der berechtigten Kategorien wie Erasmus-Studenten o.ä. fielen … Nahmen den nächstbesten Bus „hacia centro“ [„Richtung Zentrum“], den wir finden konnten und visierten so die Touri-Info an, wo wir bis 9 Uhr auf deren Öffnung warteten … zwei Stunden waren wir also schon unterwegs! Mit Hostal-Liste und „plano“ [„Stadtplan“] ausgestattet schleppten wir uns zum nächstgelegenen Tipp der Touri-Dame „Hostal El Cid“ und checkten ein – Erinnerungen an unsere bislang schlimmste Unterkunft (Madrid) wurden wach: Tauschten noch Zimmer – das erste stank übel nach Rauch – und alle Ekligkeiten ignorierend schliefen wir erstmal im weichen Doppelbett … bis 16.30 Uhr!! In der Hoffnung, außerhalb des dunklen und kalten Zimmers mit dreckiger Dusche im Zimmer und nur teilweise funktionierendem Licht etwas Schöneres zu finden, wollten wir die Stadt erkunden und eine neue Unterkunft für den nächsten Tag finden.

Bereits im zweiten Satz bot
er uns Marihuana an.

Obwohl Valencia sicherlich viele Reize zu bieten hat, bekamen wir erstmal nur eines ab: strömenden Regen!! Auf dem nassen Weg zur Plaza de la Virgen, wo wir eine berühmte Horchatería [„Horchata“ = Erdmandelmilch] suchten, quatschte uns ein bekiffter Freak an. Bereits im zweiten Satz bot er uns „chocolate“ [„Marihuana“] an und zwischendurch spielte er Touri-Guide bei wichtigen „edificios“ [„Gebäuden“]. Krise! Flucht ins nächstbeste Cafe, dort eine nicht-gelungene Horchata-Premiere (Bäh!) und noch mehr Freaks … sowohl Gäste als auch ein Barkeeper, der seinen Sohn mit uns verkuppeln wollte. Mittlerweile klitschnass bis auf die Haut, suchten wir tapfer weiter nach El-Cid-Alternativen mit Stopps bei Burger King und Mäcci. Verwarfen verschiedenste Pläne (gleich abfahren, Putzmittel für Ekel-Dusche kaufen, Schicksal hinnehmen) und gönnten uns schließlich ein „alojamiento“ [„Unterkunft“] im 3-Sterne-Hotel El Londres (60 Euro pro Nacht). Hier fing der Tag an, gut zu werden: ein sauberes Zimmer, funktionierendes Licht, Luxus-Bad. Raus aus den kalten und nassen Klamotten und jeder nahm erstmal ein laaanges Bad, danach entspannen und fernsehen (TV hatten wir schon so lange nicht mehr) auf dem bequemen Bett. Diesen Luxus hatten wir nötig. Und das Geld holen wir durch einen veränderten Reiseplan wieder rein – mal abwarten … „pase lo que pase“ [„Es kommt, wie`s kommt.“]! Erstmal ist nur genießen angesagt, wer weiß, wo wir morgen schlafen werden.“

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Reisekoordinaten Spanien

    • Datum:
  • Januar-März 2004
    • Fläche:
  • 505.970 km²
    • Einwohner:
  • 46,4 Mio.
    • Bevölkerungsdichte:
  • 92 EW/km²
    • Insulintherapie:
  • ICT
    • Technik:
  • NovoPen 3
    • Insulin:
  • Actrapid/Protaphan