Ecuador: „Flockiges Insulin im Amazonasgebiet“

Premierenfieber: Es wird das erste Mal sein, dass ich in den Dschungel reise. Eine knappe Woche lang. Und damit meine ich richtigen Dschungel. Das heißt: 40 Minuten abenteuerlicher Flug mit einer propellerbetriebenen Fokker-Maschine von Ecuadors Hauptstadt Quito Richtung Osten über die Anden und den Amazonas hinweg bis zur kleinen Ortschaft Coca in der Provinz Orellana – was aufgrund eines Unwetters schonmal abenteuerlicher war als geplant. Und gleichzeitig atemberaubend schön.


Dann zwei Stunden über den breiten Fluss Napo mit dem Motorboot bei ständig wechselndem Wetter: Sonne, Regen, Wolken, blauer Himmel – faszinierendes Naturschauspiel. Dann Umsteigen in ein Kanu, das ein paar Indios mit Paddeln vorantreiben. Wir zweigen in einen kleineren Flusslauf ab. Damit „betreten“ wir das Reservat der Anangu innerhalb des Yasuni Nationalparks. Und noch zwei weitere Stunden Fahrt bis zum „Napo Wildlife Center“. Denn wenn schon Dschungelpremiere, dann sollte unsere Bleibe ein unberührtes, möglichst ökologisches Projekt sein, von dem die Indios selbst profitieren.

Keine ärztliche Versorgung. Aus geduldigem
Papier wird plötzlich realer Ernst.

Ohne den Fahrtwind des schnellen Motorboots wirkt die tropische Hitze mit einem Mal drückend. Die Wasserfarbe des Seitenflusses ändert sich von zuvor Braun in Schwarz. Und schlagartig setzt die Erkenntnis ein: Das ist es also, was man „fernab der Zivilisation“ nennt. Vor unserer Abreise mussten wir schon unterzeichnen, dass wir uns bewusst sind, dass keine ärztliche Versorgung vor Ort möglich ist. Warum, wird klar, als wir auch die letzten zwei Stunden hinter uns gebracht haben – unter Dschungelflora und Schlangen hindurch – wo fängt der Boden an, wo endet das Wasser? Überall Pflanzen, Pflanzen, Pflanzen – und an unseren Hütten mitten im Herzen Amazonas ankommen. Wie soll man hier schnell wegkommen, wie ein Arzt herkommen? Aus geduldigem Papier wird plötzlich realer Ernst.

Aber was soll‘s, ich bin ja gut vorbereitet. Bei der Ankunft wird uns zur Begrüßung ein Willkommens-Smoothie serviert. Lecker! Das Insulin für die zirka zwei Broteinheiten Fruchtsaft werde ich gleich in meiner Hütte nachträglich spritzen. Also rein in unsere Urwaldhütte, Rucksack auf, auspacken. Aber hoppla: In der bereits angebrochenen Ampulle in meinem Messtäschchen, die ich für die nächste Füllung meiner Insulinpumpe immer ungekühlt mit mir führe, sieht das Insulin nicht mehr so aus wie vor dem Abflug in Quito. Vielmehr sehe ich nur noch Flocken statt klarer Flüssigkeit. Tja, das war wohl zu viel des Guten und vor allem zu viel Hitze für mein Novorapid. Doch es bleibt nur ein kurzer Schreck. Denn natürlich hatte ich noch weitere Ampullen dabei – gekühlt in einer transportablen Alu-Hülle. Und bei einem Freund in Quito hatte ich für die Zeit nach dem Amazonas-Abenteuer auch noch auf Ersatzinsulin in seinem Kühlschrank gebunkert.

So konnte ich die spannenden Tage im Dschungel gelassen angehen: Birdwatching vom 50 Meter hohen Aussichtsturm über den tropischen Wipfeln, stundenlange Wanderungen mit Indio Silverio, der uns mit der Machete den Weg freimachte und unterwegs in die fremde Welt der exotischen Flora und Fauna entführte, dabei Termitenwanderungen zeigte und mit uns seltenen Wollaffen folgte. Ein weiteres Highlight: einer unserer nächtlichen Bootsausflüge, bei dem unser Wildlife-Experte Santiago einen tierischen, gurrenden Ruf nachahmte, woraufhin mit einem Mal zahlreiche Kaimane antworteten, die offensichtlich im Stockdunklen rund um unser Kanu unterwegs waren – Gänsehaut! Und und und. Von solchen Tagen zehrt man sein Leben lang. Darauf wegen Diabetes verzichten? Im Leben nicht!

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Reisekoordinaten Ecuador

    • Datum:
  • Mai/Juni 2008
    • Fläche:
  • 283.561 km²
    • Einwohner:
  • 15,7 Mio.
    • Bevölkerungsdichte:
  • 55 EW/km²
    • Insulintherapie:
  • CSII
    • Insulinpumpe:
  • Cozmo
    • Insulin:
  • Novorapid